Logopädische Versorgung von PatientInnen in ländlichen Regionen

Dys-phappgy – Prototyp einer Schluckstörungs-App

Der Projektname Dys-phappgy setzt sich zusammen aus den Worten „Dysphagie“ (Schluck­stör­ungen) und „App“ (Englisch: Anwendung). Das Forsch­ungs­projekt hat das Ziel, die logo­päd­ische Ver­sorg­ung von Patient­Innen mit Schluck­stör­ungen (Dysphagie) mithilfe einer digi­talen Lös­ung in länd­lichen Regionen zu sichern. Die barrierefreie, digi­tale Lös­ung soll die logo­päd­ische Behand­lung durch wissen­schaft­lich fun­dierte Thera­pie­­pro­­gram­me, Train­­ings­­videos, Schritt-für-Schritt-Anleit­­ungen, gezielte Diät­­vor­­schläge, Rezept­­ideen und Wissens­ver­mitt­­lung unter­stützen und somit sowohl den Patient­Innen, als auch Thera­peut­Innen dienen. Dabei handelt es sich um ein vom Bundes­­minis­­terium für Bild­ung und For­sch­ung (BMBF) geför­­dertes Forsch­­ungs­projekt der Lichter­Schatten – Therapie­zentrum GmbH in Zusam­men­arbeit mit der Martin-Luther-Univer­sität und der meetle GmbH.

Weiterlesen
Gemeinsam mit dem Projekt­bündnis strebt das Projekt die nutzer­zen­trierte Ent­wick­lung einer digitalen Lösung zur logo­päd­ischen Behand­lung von Dys­phagien an. Die digitale Anwen­dung soll den Therapie­prozess der Patient­Innen indivi­duell ergän­zen und begleiten. Durch die nutzer­zen­trierte Ent­wicklung werden Patient­Innen, ihre Ange­hörigen sowie Thera­peut­Innen von Anfang an direkt in die Ent­wick­lung ein­ge­bun­den, um ihre Bedürf­nisse, An­for­der­ungen und Präfe­renzen in den Fokus zu rücken.
Anfang August 2023 entstand eine Koop­eration zwischen der AG Versorg­ungs­forsch­ung der Martin-Luther-Universität Halle-Witten­berg, meetle GmbH (einem Soft­ware­ent­wickler aus Leipzig) und der Lichter­­Schatten – Therapie­zentrum GmbH. Das Ziel besteht darin, mit Patient­Innen, deren Ange­hörigen und Stimm, Sprech, Sprach- und Schluck­thera­peut­Innen die digitale Lösung gemein­sam zu erfor­schen. Weiterhin werden ausge­tüftelte Proto­typen iterativ vor deren Anwend­bar­keit mit der Ziel­gruppe getestet. Das Projekt läuft bis Dezem­ber 2025, mit dem Ziel, eine heraus­rag­ende digitale Lösung hervor­zu­bringen.

© pixelshot – canva

Sollten Sie als PatientIn, Angehörige, Therapeutin, oder Praxis Interesse an einer Teilnahme an diesem Projekt haben, kontaktieren Sie uns gerne. Wir freuen uns auf Ihre Perspektive!

Projektinformationen

Förderung:
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Federführende Organisation:
LichterSchatten – Therapiezentrum GmbH
Vorhabenskosten: 580.000 Euro
Projektstart: 01.08.2023

Projektpartner

LichterSchatten – Therapiezentrum GmbH
(Maike Hawighorst, Hlynur A. Elsuson)
Martin-Luther-Universität
(Jenny-Victoria Steindorf, Prof Dr. Denny Paulicke)
meetle GmbH
(Lukas Kretschmer)

Details Dys-phappgy

Wissenschaftlicher Hintergrund

Pro Tag schluckt ein Mensch mehr als tausend­mal. (vgl. 1) Das gemein­same Ein­nehmen von Speisen und Geträn­ken ist kultur­über­greifend ein wichtiger Bestand­teil des sozialen Zusam­men­lebens. Der Schluck­vor­gang ist daher nicht nur ein Prozess, um Nahrung von der Mund­höhle in den Magen zu beför­dern, sondern bedeutet darüber hinaus ein Stück Lebens­qualität, Kultur und Iden­tität. Aber erst wenn der Genuss von Essen und Trinken durch eine Schluck­stör­ung (Dys­phagie) nicht mehr möglich ist, wird die Relevanz einer inter­diszi­plinären Schluck­therapie bewusst. Eine Schluck­stör­ung kann nicht nur die Lebens­qualität ein­schränken, sondern darüber hinaus schwer­wieg­ende Folgen wie Lungen­ent­zünd­ungen nach sich ziehen.

Eine Schluck­störung kann ein Symptom verschie­dener grund­leg­ender Erkrank­ungen sein. Schlucken ist ein kom­plexer Prozess, der eine reibungs­lose Zusam­men­arbeit von Muskeln, Nerven und anderen anato­mischen Struk­turen erfordert. Die häuf­igste Ursache einer Dysphagie ist ein Schlag­anfall. Aber auch andere Erkrank­ungen wie das idiopath­isches Park­inson-Syndrom (IPS), HNO-Tumore, Amyo­trophe Lateral­sklerose (ALS), Myasthenia Gravis, Alzheimer etc. können Schluck­stör­ungen aus­lösen (vgl. 1). Da unsere Gesell­schaft immer älter wird und sich damit Erkrank­ungen häufen, die zu Schluck­be­schwer­den führen, ist das Ange­bot einer effek­tiven und effi­zienten Therapie im ambu­lanten Setting her­aus­fordernd.

Wir bei Lichter­Schatten wollen die Schluck­therapie in Form von einer App digi­tali­sieren. Hierbei sollen wissen­schaft­lich fundierte Therapie­pro­gramme, Train­ings­videos, Schritt-für-Schritt-Anleit­ungen, gezielte Diät­vor­schläge, Rezept­ideen und Wissens­vermitt­lung barriere­frei vereint werden. Ziel der App ist es die logo­päd­ische Ver­sorg­ung insbe­sondere in länd­lichen Regionen von Dys­phagie-Betroff­enen zu verbessern und den Rehabi­litations­prozess der Patient­Innen zu unter­stützen. Die App kann nicht nur als ein Hilfs­instru­ment für Betroff­ene, sondern auch als Hilfs­mittel für Fach­kräfte, wie Logo­päd­Innen oder Pflege­kräfte, gesehen werden. Somit wird den Anwen­der­Innen Wissen zur Erkrank­ung und die Übungen lokal und zeitlich unab­hängig zur Verfüg­ung stehen.

Unsere Rolle im Projekt
Das Projekt Dys-phappgy markiert für die Lichter­Schatten – Therapie­zentrum GmbH das erste Projekt, das wir initiiert haben (siehe „Ideen aus der Praxis“). Unsere Haupt­auf­gabe besteht darin, die Leitung des Kon­sortiums zu über­nehmen und somit die Verant­wortung für die Koor­din­ation, Führung und Über­wachung der Zusam­men­arbeit zu tragen. In dieser Rolle liegt es in unserer Ver­ant­wort­ung, den Erfolg und die Effek­tivität des Projekts sicher­zu­stellen sowie dafür Sorge zu tragen, dass alle beteiligten Parteien koor­diniert zusam­men­arbeiten, um die gesteckten Projekt­ziele zu erreichen.

Zusätzlich obliegt es uns, das Fach­wissen aus dem Bereich der Logo­pädie mit externem Wissen aus der Literatur zu verknüpfen. Hieraus ent­stehen Thera­pie­ziele sowie ein passendes Thera­pie­konzept, die durch konti­nuier­liches Feed­back von den zukünf­tigen Nutzer­Innen der App weiter­ent­wickelt werden. Weiterhin stehen wir als An­sprech­part­ner­Innen für die Nutzer­Innen zur Verfüg­ung und begleiten den Prozess durch geplante Work­shops, die gemein­sam mit den Projekt­partnern durch­geführt werden.

Ideen aus der Praxis

In einer klassischen logo­päd­ischen, ergo­thera­peut­ischen oder physio­thera­peut­ischen Praxis liegt der Fokus eher auf der Behand­lung von Patient­Innen und weniger auf die Ent­wick­lung von neuen oder Weiter­ent­wick­lung von besteh­enden Therapie­kon­zepten. Die For­schungs­ab­teilung des Lichter­Schatten – Thera­pie­zen­trums kann als ein Allein­stell­ungs­merk­mal gesehen werden, da hier direkt wissen­schaft­liches Arbeiten mit der prak­tischen Erfahrung aus dem ambu­lanten Arbeiten heraus verknüpft wird. Das Konzept der ambu­lanten Forsch­ung ist noch relativ selten in Deutsch­land und eher den Hoch­schulen und großen Kranken­häusern vorbe­halten, statt Therapie­praxen. Auch das gegen­wärtige Wissen­schafts-Projekt „Dys-phappgy“ ist durch eine Idee aus dem ambu­lanten Praxis­alltag ent­standen.

„Als Logo­pädin ist mir nach meinem Bachelor­studium „Therapie- und Gesund­heits­mana­ge­ment: Logo­pädie“ im Praxis­alltag aufge­fallen, dass eine Lücke im Wissens­transfer zwischen der ambu­lanten Behand­lung von Schluck­störungen und den aktu­ellen wissen­schaft­lichen Erkennt­nissen besteht. Da es eine große gesell­schaft­liche Unwis­sen­heit über das Thema Schluck­stör­ungen gibt, sind viele Betroff­ene wenig infor­miert und häufig von der Infor­ma­tions­flut am Thera­pie­anfang über­fordert. Ich war schon selbst mit einem Familien­an­ge­hör­igen in der­selben Situ­ation und hatte kein niedrig­schwell­iges An­gebot an leicht verständ­lichen Infor­ma­tionen zum Stör­ungs­bild und den besteh­enden Behand­lungs­mög­lich­keiten. Im Bereich der Logo­pädie verlassen sich viele Praxen immer noch auf tradi­tio­nelle Übungs­zettel in gedruck­ter Form, die oft um­ständ­lich formu­liert sind oder nur begrenz­tes, verständ­liches Bild­material mit Anleit­ungen für die Übungen enthalten. Durch die Förder­mög­lich­keiten möchte ich mit dem Projekt­kon­sor­tium das Prob­lem auf­greifen und eine digitale Lös­ung in Form von einer Schluck­stör­ungs-App entwickeln.“ – Logo­pädin und Projek­tiniti­atorin Maike Hawighorst

Alle schließen

Projekt­verlauf

Das Projekt ist geplant von August 2023 bis Ende Dezem­ber 2025 und lässt sich in fol­gen­de Phasen unter­teilen

^
Phase 1 - Vorbereitung

Geplanter Zeitraum:
August 2023 – Januar 2024

Die erste Phase des Projektes dient der Vor­be­reit­ung: Hier werden zu­nächst die Erheb­ungs­me­tho­den und -ins­tru­mente defi­niert und orga­nisiert.
Weiterlesen

Diese werden durch eine Ethik­kom­mission geprüft, mit dem Ziel ein posi­tives Ethik­votum zu erhalten, um sicher­zu­stellen, dass die Studie nach höchsten wissen­schaft­lichen Stan­dards durch­geführt wird. In dieser Phase wird weiterhin eine Rekru­tier­ungs­stra­tegie entworfen und dazu eine Kontakt­liste von wesent­lichen Kontakt­gruppen erstellt sowie Info­material für die Rekru­tierung dieser generiert.

Arbeitsschritte:

  • Erhebungs­me­tho­den und -Instru­mente definieren
  • Erhebungs­phasen planen
  • Positives Ethik-Votum erhalten
  • Rekru­tier­ungs­strategie erstellen
  • Info­material erstellen
  • Kontakt zu den Ziel­gruppen herstellen
^
Phase 2 - Anforderungsanalyse & Forschungsstand

Geplanter Zeitraum:
Vrstl. 1. Jahreshälfte 2024

Das Haupt­ziel der zweiten Phasen ist, alle Anfor­der­ungen an die digi­tale Anwen­dung im Bereich der Sprach­therapie und Medi­zin zu erfas­sen und zu defi­nieren.
Weiterlesen

Eine umfang­reiche Literatur- und Daten­recher­che in Form eines Scoping-Reviews, soll den aktuellen Stand der Anwen­dung digitaler Medien in der Dys­phagie-Therapie be­schrei­ben und zusam­men­fassen. Weiter­hin werden empi­rische Daten haupt­säch­lich durch die Methode „offene Nicht-Teil­neh­mende Beob­acht­ungen“ (hier wird ein/e Projekt­mit­arbei­terIn einer Schluck­therapie bei­wohnen und beobachten, wie die Therapie abläuft, welche Infor­mationen vermittelt werden und welche Übungen durch­geführt werden), sowie Einzel­inter­views mit Patient­Innen, deren Ange­hörigen und behan­deln­den Thera­peut­Innen erhoben. Damit wird eine tiefe und detail­lierte Sammlung von Infor­mationen über die Bedürf­nisse jeder Ziel­gruppe erstellt. Die gesam­melten Daten werden in die Ent­wick­lung eines Arte­faktes (Prototyps) ein­fließen. Dieses Arte­fakt wird im Anschluss iterativ getestet und weiter­ent­wickelt.

Arbeits­schritte:

  • Schluck­thera­peut­ische Behand­lung beob­achten
  • Interview mit Patient­Innen, deren Ange­hörigen sowie Logo­päd­Innen
  • Ersten Daten auswerten, die in die Ent­wick­lung ein­fließen
  • Das Erstellen von den Arte­fakten thera­peut­isch begleiten
^
Phase 3 - Vertiefungs- & Entwicklungsphase

Geplanter Zeitraum:
Vrstl. Mitte 2024 – Mitte 2025

In der letzten Projekt­phase liegt der Fokus auf die (Weiter)-Ent­wick­lung und Eva­lua­tion eines Arte­fakts. Die Arte­fakte werden iterativ getestet und in Form von Einzel-Work­shops weiter­ent­wickelt.

Weiterlesen
Hier wird das Inter­face, die Auf­gaben und das Ver­halten eines Arte­faktes getestet und weiter iter­ativ anhand unter­schied­licher Erheb­ungs­ins­tru­mente verbessert. Hierzu zählen Methoden die Prob­leme bezüg­lich der Ebenen des Inter­faces, der Auf­gaben und des Ver­halt­ens eines Arte­faktes erkennen. Weiter­hin werden anhand von Inter­views die Bedürf­nisse der Ziel­gruppen vertieft und Wünsche für die Arte­fakte erstellt – bezogen auf deren Design und Funktion. Zu diesem Zweck sind auch Fokus­gruppen geplant, sowie die Ver­wend­ung von Frage­bögen, um objektiven Daten über die Benut­zer­erfahr­ung und -zu­frie­den­heit sowie die Nutzungs­intention der ent­wickelten Artefakte zu sammeln.

Arbeits­schritte:

  • Durchführung von Work­shops in denen die ent­wickel­ten Arte­fakte von den Ziel­gruppen getestet werden
  • Auswertung der erhob­enen Daten
  • Teilnehmen an der Weiter­ent­wicklung des Proto­typs
^
Ergebnisse

Erwartete Ergeb­nisse
des Forsch­ungs­pro­jekts

  • Ein erster Prototyp zur digi­talen Lösung für Schluckt­herapie
  • Publi­kation(en) von wissen­schaft­lichen Ergeb­nissen in inter­natio­nalen Fach­zeit­schriften

Kontakt

Sollten Sie als PatientIn, Angehörige, Therapeutin, oder Praxis Interesse an einer Teilnahme an diesem Projekt haben, kontaktieren Sie uns gerne. Wir freuen uns auf Ihre Perspektive!

Maike Hawighorst (B.Sc.)
Wissenschaftliche Mitarbeiterin,
Logopädin
maike@lichterschatten.de

Hlynur A. Elsuson (M.Sc.)
Wissenschaftlicher Mitarbeiter (Leitung),
Physiotherapeut
hlynur@lichterschatten.de

Warum forschen wir bei LichterSchatten und wie kam es dazu?

Quellenangaben
  1. Prosiegel, M. & Weber, S. (2018). Dysphagie. Diagnostik und Therapie: ein Wegweiser für
    kompetentes Handeln (Praxiswissen Logopädie – Lehrbuch, 3. Aufl.). Heidelberg:
    Springer.

Stand der Informationen dieser Seite: November 2023